Die Britannia-Brücke wurde von dem Ingeneur Robert Stephenson als eine Röhrenbrücke für Züge über die Menai-Meeresenge entworfen. Der Auftrag für die Britannia-Brücke wurde nach der Eröffnung von Thomas Telfords Menai-Hängebrücke erteilt, welche die Reise per Kutsche von Holyhead nach London revolutioniert hatte. Mit der konstant steigenden Anzahl an Reisenden zwischen Irland und Wales, wurde die Erbauung einer Bahnlinienbrücke über die Meeresenge notwendig. Die Konstruktion der Brücke begann 1846 und schon vier Jahre später wurde sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Abstützung des Gewichts von zwei Bahnsträngen war eine besonders schwierige Herausforderung, um eine Brücke von solchem Ausmaß zu vollenden. Stephensons Bahnbrücke musste dabei denselben Anforderungen standhalten, welche bereits an Telfords Design der Menai-Hängebrücke gemacht wurden: Sie musste hoch genug sein, um zu jeder Zeit Schiffe unter sich hindurchfahren zu lassen. Stephenson entwickelte ein revolutionäres Röhrendesign, welches einen größeren Pfeilerabstand erlaubte, welche keine Aufhängevorrichtung benötigte. Dieses Design überprüfte er mit der Konstruktion der 1849 eröffneten, kleineren Bahnbrücke über die Conwy-Flussmündung. Die Steinmetzarbeiten der Britannia-Brücke orientieren sich an altertümlichen ägyptischen Entwürfen und vier gigangitsche Löwen, ebenfalls im ägyptischen Stil, zieren die Auffahrten an beiden Enden der Brücke.
Wie schon bei der Menai-Hängebrücke kamen zahlreiche Reisende über die gesamte Konstruktionszeit hinweg und nach ihrer Eröffnung zur Britannia-Brücke. Eine Zeit lang war es Besuchern sogar erlaubt, das Innere der Röhren zu erkunden! Ein aufregender Bericht des deutschen Reisenden Rudolph Delbrück erzählt wie während eines besonders heißen und trockenen Sommers das hölzerne Dach der Röhre ausgetrocknet war und durch Funkenflug von einem durchfahrenden Zug Feuer fing. Dabei wiederum steckte die brennende Röhre das Gepäck in Brand, welches auf dem Zugdach transportiert wurde. Nach einem gewaltigen Feuer im Jahr 1970, wurden die Röhrenplatten entfernt, da sie durch die Hitze des Feuers instabil geworden waren. Die Brücke wurde rekonstruiert und besitzt heute zwei Etagen. Die untere führt noch immer Züge über die Menai, und die obere ist Teil der A55-Straße. Diese neue Ebene wird vom originalen Mauerwerk getragen und die Steinlöwen befinden sich noch immer an ihren angestammten Plätzen.
Der berühmte Ingenieur Stephenson empfahl eine Ueberbrückung mittels gußeiserner Bogen von 450 Fuß Spannweite, allein die Admiralitätscommission bestand darauf, einen Raum von 100 Fuß Höhe nicht nur in der Mitte des Bogens, sondern auch dicht an den Pfeilern zu haben, und somit sah sich Stephenson genöthigt, seine erste Idee aufzugeben und projectirte nun einen Bau, einem einzigen gewaltigen Balken gleichend, dessen Stabilität von der Stärke seiner Theile abhängt, und der, an einer anderen Stelle zusammengesetzt, in total nach seinem Bestimmungsort geflößt und dort als Ganzes in seine Lage gehoben ward. Unterstützt von Herrn Fairbairn und Professor Hodgkinson machte Stephenson eine Reihe von Experimenten und so entstand diese Brücke, in der Form einer Röhre gleichend, deren Seiten aus anderen kleinen Röhren gebildet sind. Der Ausdruck Röhre soll jedoch hier nicht ein rundes Profil andeuten, denn das Hauptprofil der Brücke sowohl als die kleineren Balken sind rechtwinklich, jedoch sind alle Theile hohl und aus Eisenplatten zusammengesetzt. ...
Die erste dieser Röhren war am 4. Mai 1849 vollendet, am 20. Juni aufs Wasser gebracht und am 9. November in ihrer permanenten Lage. Die Eröffnung der ersten Linie fand am 18. März 1850 statt, die des ganzen Baues am 21. Oktober desselben Jahres und die Gesammtkosten des Baues betrugen 621,855 Pfund Sterling (4,145,684 Thaler) [ca. £72 Mio. oder €79,5 Mio. in 2017]. Aus der Ferne gesehen, läßt sich die wundervolle Construction dieses Bauwerks kaum ermessen. Der Anblick ist etwas zahm und uninteressant und gleicht ungeheuren Balken, welche auf den Pfeilern ruhen, während die in der Ferne sichtbare Hängebrücke einen ungleich mehr malerischen Eindruck macht. Betritt man aber den Schienenweg in den Röhren, prüft man Construction und Verhältnisse näher, so kann man sich der Bewunderung dieser kühnen Geister, die ein so gewaltiges Werk ersannen und so bedächtig und sicher ausführten, nicht erwehren.
Die Meerenge von Menai ist nicht so breit, als [der Rhein bei Mainz und die Donau bei Wien]; die Brücke ist nur von zwei Pfeilern im Wasser und zwei Pfeilern am Ufer getragen; die Röhren aber sind sehr prosaisch, zumal wenn man, wie ich kurz vor her, die drei Gitterbrücken über den Rhein bei Mainz, Coblenz und Köln gesehen. Der Meeresarm hatte ungefähr das Aussehen des Rheins bei Coblenz, überhaupt eines Flusses, weil man auf keiner Seite das Meer herschimmern sah. Der Jugendtraum war halb zu Wasser; allein daran war die Britannia-Brücke selbst unschuldig. Sie bleibt doch die Mutter der Gitterbrücken, ein Triumph der Mathematik! Im Augenblicke, wo der jüngere Stephenson den Satz als richtig erprobt hatte, daß eine Eisenröhre ebenso viel Tragkraft besitze, als ein massiver Eisencylinder vom gleichen Durchmesser oder um das Gewicht des Kernes noch mehr, war eine Wohlthat für den Weltverkehr gefunden, welche den Dampfschiffen und Eisenbahnen sich als drittes Wunderwerk anschließt. Gleich nach obigem Satze fand man, daß auch eine durchbrochene Röhre noch genügende Widerstandskraft behält, und die Gitterbrücken waren erfunden, die proteus-artig jedes Jahr in neuer Conftruction auftauchen und ohne welche der heutige Eisenbahnbau sich fast nicht mehr denken läßt, wenigstens unsere Ströme heute noch nicht überbrückt wären. Was hätten nicht die Römer um eine solche Erfindung gegeben! Wann wird die Welt wieder das Schauspiel eines solchen Sohnes, eines solchen Vaters sehen – Letzterer der Erfinder der Eisenbahnen, Ersterer der Vater der Gitterbrücken!